Fluatieren von Bodenbelägen


Fluatieren von Bodenbelägen

Fluatierung wird oft als Möglichkeit betrachtet ein paar Euros mehr zu verdienen. Zu oft haben wir im letzten Jahr gut verlegte Bodenbeläge gesehen, die durch „gut gemeinte“ Nachbehandlungen direkt zum Sanierungsfall wurden.

1) Was bedeutet eigentlich „Fluat“?

Der Begriff „Fluat“ leitet sich von Fluor-Silikat ab. Lt. Chemie-Lexikon werden damit die Salze der Fluorkieselsäure bezeichnet.

Unter diesem Begriff Fluat werden allerlei Chemikalien mit unterschiedlichen Inhaltsstoffen und Wirkweisen verkauft.

Die bekanntesten Wirkweisen sind:

Kristallisierung

Die eigentliche Fluatierung ist eine Behandlung von Oberflächen mit Fluor-Silikaten, die heute noch als sog. Kristallisation bekannt ist. Mithilfe des Kristallisationsverfahrens wird bei einem feingeschliffenen Betonwerkstein, Kalkstein- oder Marmorbelag eine in der Regel geschlossenere, härtere und glänzendere Oberfläche durch eine chemische Reaktion zwischen dem Kristallisationsmittel und dem Gestein erzeugt. Die erzielbare Schichtdicke ist je nach Gestein und Sorgfalt stark unterschiedlich. Dies erfolgt in Kombination mit einem maschinellen Poliervorgang mit speziellen Pads .Dabei reagieren die wasserlöslichen Fluorsilikate des Kristallisationsmittels mit den Kalzium-Mineralen des Bodenbelags. Es bilden sich wasserunlösliche Magnesiumfluoride Kalziumfluoride und Kieselsäure nach der Reaktionsgleichung:

MgSiF6 + 2 CaCO3 => MgF2 + 2CaF2 + SiO2 + 2CO2

Die daraus entstandene Oberfläche setzt sich aus Kalziumfluorid (CaF2), Magnesiumfluorid (MgF2) und eingelagerten Quarzen (SiO2) zusammen und ist i. d. R. gering wasserdurchlässig.

Bei Hartgesteinen, die keinen Kalkanteil besitzen (z. B. Granit), ist diese Methode wirkungs-los.

Ist mit einem Teppichmesser kein Kratzer zu erzeugen, kann man davon ausgehen, dass eine Kristallisierung nicht funktioniert.

Weichgesteine lassen sich nicht immer kristallisieren. Dolomitmarmore oder Dolomite, die oft mit Kalkstein verwechselt werden, auf Basis von Magnesiumcarbonaten sind i. d. R. nicht homogen kristallisierbar, da nur die evtl. vorhandenen kalzitischen Bestandteile Reaktionen zeigen. Die werkseitig eingestellte Rutschsicherheit wird generell zerstört.

Reinigungsproblematik

Derartige frisch kristallisierte Oberflächen sind nicht mehr zu pflegen oder zu beschichten, da eine „Verkrallung“ der pflegenden Komponenten nicht mehr möglich ist. Die Folge sind Schlieren und Putzstreifen. Die Unterhaltsreinigung kann mit einem hochbenetzenden Alkoholreiniger (Gloss Xpress plus oder Veriprop) und mit vorgetränkten Mikrofaserbezügen durchgeführt werden. Im Automaten ist mit einer Hoch-Tief-Bürste (0,3 / 0,5 mm) und Alkoholreiniger (Neomat N) in Verbindung mit einer guten Absaugung ein optisch ansprechendes Ergebnis zu erzielen.

Sollte aber die Hauptlaufzone „abgelaufen“ sein, so müsste der wieder zutage getretene Originalbelag gepflegt werden (z. B. mit einem klassischen Seifenreiniger und die Randbereiche, die noch kristallisiert sind mit dem Alkoholreiniger). Das ist weder technisch noch organisatorisch möglich. Das bedeutet für den Gebäudereiniger, dass sein Kunde nach endlicher Zeit mit dem Reinigungsergebnis unzufrieden wird und diesen Umstand dem Dienstleister anlastet. Deshalb sollte man unbedingt darauf hinweisen, dass die Kristallisierung ein „Dauerauftrag“ ist, der nur zeitweise eine glänzende Optik erzeugt und nach gewisser Zeit wiederholt werden sollte. Es wäre besser, den Boden abzuschleifen und anschließend die Un-terhaltsreinigung mit Seifenreiniger oder geeigneten Wischpflegen durchzuführen.

2) Nassfluatierung / Nasskristallisierung

Das ein alter Hut mit neuem Namen wieder auftaucht ist an der immer populärer werdenden „Nassfluatierung“ zu sehen.

Statt Fluorsilikat wird i. d. R. „Kleesalz“ als Poliermittel benutzt. Dieses bereits in früher Zeit als Poliermittel benutzte „Salz“ macht salopp gesagt einen Kalzium- / Kalium-Austausch an Oberfläche der Steine (Bildung von Kalziumoxalaten). Die Basis ist ein Gemisch aus Kaliummono-Oxalat bzw. Kaliumtetra-Oxalat. Es ist ein feinkristallines farbloses Pulver, das sich in Wasser auflöst. Betonwerk- oder Natursteine werden mit Kleesalz poliert, indem das Polierpulver auf den feucht gemachten Stein oder Polierfilz aufgetragen wird. Kleesalz ist stark ätzend und toxisch. Es wir heute wieder als „Superneu“ auch unter dem Begriff Nasskristallisierung verkauft. Bei bestimmten Gesteinen, (z. B. Dolomit, Granit) ist Kleesalz i. d. R. ungeeignet. Bei Betonwerksteinen mit granitischen Grobzuschlägen ist die Anwendung ebenfalls zweifelhaft. Die werkseitig eingestellte Rutschsicherheit wird generell zerstört.

Die Reinigungsproblematik ist wie bei der klassischen Kristallisierung zu sehen.

Bei der ordnungsgemäßen Anwendung der Kristallisierung und der Kleesalzbehandlung sind keine weiteren Nebenwirkungen zu erwarten. Das bedeutet aber vor allem, dass die Gesamtkonstruktion „knochentrocken“ ist. Bei zu feuchten Untergründen sind Abplatzungen an den Fugen oder andere Folgeschäden zu erwarten, die bis zur Oberflächenzerstörung führen können.

3) Wachsfluat

Da die Verwendung der vorher aufgeführten Verfahren einen technischen Aufwand bedeutet, kam man auf die lukrative Idee, Wachse mit Lösemitteln zu vermischen und das unter dem irreführenden Namen „Wachs-Fluat“ zu verkaufen. Dieses Gemisch soll Pflegeleichtigkeit suggerieren. Es hat mit dem eigentlichen Fluat und dessen Eigenschaften nichts zu tun. Damit kann man kurzfristig eine Glanzerhöhung erreichen. Der Einsatz von Wachsfluaten ist ebenfalls nicht ohne Risiken. Eingeschlossenes Mörtel-Anmachwasser führt meist zu einer ungewünschten Leopardenoptik. Ein möglicher Sekundärschaden ist das “Abmehlen“ der behandelten Oberflächen. Die werkseitig eingestellte Rutschsicherheit wird generell über-deckt. Die Lösemittel stellen eine Gefährdung dar; deshalb sind Wachsfluate in aller Regel gemäß Baustellenverordnung beim SIGEKO (Sicherheits- und Gesundheitskoordinator) an-meldepflichtig.

Auch die Berufsgenossenschaftliche Vorschrift (BGV D025) zur max. Raumluftbelastung ist zu beachten. Mit dem SIGEKO ist ferner zu klären, inwieweit und wie lange Lösemittelreste die Umluft kontaminieren können. Viele Architekten schreiben immer noch nach der Verlegung eine Wachsfluatierung aus, ohne sich über die Folgeprobleme Gedanken zu machen.

Die werkseitig eingestellte Rutschsicherheit ist mit dem Wachs überdeckt worden und damit wirkungslos. Nach dem Einsatz von Wachsfluaten sind die behandelten Beläge i. d. R. nicht mehr mit klassischen Pflegesystemen (Seifenreiniger) zu reinigen.

Im Unterhalt wird sehr schnell auffallen, dass ein gewachster Bodenbelag stark zu Verstrichungen neigt. Das Aufpolieren zur Entfernung der Striche wird i. d. R. nicht bezahlt. Eine Entfernung des Wachses ist meistens mit Mitteln auf Basis von Orangenterpenen (Imi Orange / Neomat BMR) möglich, aber nicht ohne Risiken. Bei einer derartigen Grundreinigung ist immer der Reinigungsmittelhersteller mit „ins Boot“ zu nehmen.

Ohne Wachsentfernung bleiben nur die Reinigung mit einem wachshaltigen Reinigungsmittel und regelmäßiges Aufpolieren mittels Einscheibenmaschine übrig. Der Hinweis, dass die eingestellte Rutschsicherheit nicht mehr gewährleistet ist, muss unbedingt vor Beginn der Reinigungstätigkeit beim Auftraggeber schriftlich mitgeteilt werden. Bei einem Rutschunfall besteht sonst die Gefahr für den Dienstleister, dass er in die Haftung genommen wird.

4) Härtefluat

Unter dem Namen „Härtefluate“ sind weitere Chemikalien im Handel , die mit Fluor-Silikaten nicht zu tun haben. Salopp ausgedrückt sind die oft verwendeten Kaliumsilikate (Wasser-glas) reine Porenfüller auf mineralischer Basis.. Aufgrund der mineraliengefüllten Porenräume ändert sich die Abriebfestigkeit, nicht aber die „Härte“. Wasserglas spaltet hochgradige Laugen (Kalilauge oder Natronlauge) ab, die Sekundärschäden produzieren können (helle Flecken). Die Reinigung kann meistens nach dem anerkannten Stand der Reinigungstechnik vorgenommen werden.

5) Skurrile Mischungen

Es gibt noch andere Chemiemischungen, die unter „Fluat“ verkauft werden. Dem Autor ist ein Fall bekannt, wo ein Gemisch aus Wachs, Lösemittel und Schwefel als „Kristallisierung“ verkauft wurde. Der Belag platzte regelrecht an der Oberfläche auf. Mithilfe einer entsprechenden Untersuchung wurde dies dem „Natursteinsanierer“ nachgewiesen. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Wie ist es mit der Haltbarkeit der Oberflächen?

Die Frage nach der Haltbarkeit ist ein immer wieder aufkommendes Thema. In privaten Räumen ist eine Lebensdauer im Idealfall bei richtiger Reinigung / Pflege von fünf Jahren und mehr möglich. Je nach Nutzung und Nebenbedingungen kann eine Haltbarkeit auch nur 14 Tage erreichen.

Welche Fragen sollten vorher geklärt werden?

Der Auftraggeber ist vor einer „Fluatierung“ schriftlich darauf hinzuweisen, dass sich die werkseitig eingestellte Rutschsicherheit ändert. Die oft erstellten Gleitreibwertprotokolle berechtigten nicht zur Einstufung in eine Bewertungsgruppe (R9) nach DIN 51130:2014-02 „Prüfung von Bodenbelägen - Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaft - Arbeitsräume und Arbeitsbereiche mit Rutschgefahr - Begehungsverfahren - Schiefe Ebene“.

Der Hersteller der Bodenplatten ist schriftlich zu fragen, ob er eine „Fluatierung“ für sein Material freigibt.

Fluatierungen und deren Namensverwandten sind i. d. R. ein tiefer Eingriff in die chemischen / physikalischen Eigenschaften eines Materials. Ein Hersteller kann dadurch einen Haftungsausschluss erreichen, da er die Vorgänge nicht kontrollieren kann.

Es ist sicherer, sich die Freigabe beim Hersteller der Chemikalien und / oder der Bodenplatten schriftlich geben zu lassen. Bei fehlender Freigabe bleibt dem ausführenden Unternehmen immer noch die Möglichkeit Bedenken gegenüber seinem Auftraggeber anzumelden. Da nicht jeder mit der Prozedur nach VOB vertraut ist, kann es manchmal lohnender sein, seinen Anwalt vor einem potenziellen Risiko zu konsultieren.

Der Hersteller der Chemikalien ist zu fragen, ab welcher Restfeuchte, gemessen mit einem CM-Gerät die Behandlung vom Material X, seinerseits freigegeben wird inkl. der „objektbezogenen Verarbeitungsvorschrift.

6) Zusammenfassung

Sogenannte Fluatierungen haben durchaus Ihre Berechtigung je nach Nutzung und Belastung eines Bodenbelages um die optischen Eigenschaften zu verbessern. Welche Methode die jeweilige optimale Lösung für einen Bodenbelag ist, können wir nicht vorhersehen..

Fragenkatalog fĂĽr den Auftragnehmer:

1) Kann das Belagsmaterial mit dem gewĂĽnschten System bearbeiten werden?
2) Ist das ausgewählte System für die jeweilige Nutzung geeignet?
3) Sind die Freigabebedingung des Belagsherstellers und des Chemieherstellers innerhalb des gewĂĽnschten Zeitrahmens zu erfĂĽllen (Stichwort Restfeuchte)?
4) Ist fĂĽr den Kunden die Rutschsicherheit rechtlich relevant (privat oder gewerblich)?
5) Ist dem Auftraggeber klar, dass die Dauerhaftigkeit auch von der Unterhaltsreinigung (z. B. Nachwachsung) abhängt?
6) Ist den Beteiligten klar, dass die Fugmaterialien bei Kristallisierung und Kleesalz spröde werden können?
7) Stimmen die Eigenschaften der Bearbeitung mit den Erwartungen des Auftragnehmers ĂĽberein, was Nutzungsdauer und Optik betrifft ?


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