-UPDATE- Bauromantik

Zu diesem Thema werden nach und nach Punkte ergänzt, in denen Vorstellungen von Bauschaffenden aufgegriffen werden, die dem Artikel 3 des Rheinischen Grundgesetzes „Et hätt noch emmer joot jejange“ nahe kommen oder aus der Rubrik „... mit Silikon und Bauschaum kann man ganze Häuserzeilen errichten ...“ stammen.

1.
Unterhalb von Bade- und Duschwannen muss man nicht abdichten, das Silikon oben am Rand macht es schon.

2.
Die „wasserführende Schicht“ ist neuerdings nicht die Oberkante eines beliebigen Belags (Platten, Bohlen, Gitterrost, Schotter usw.), sondern die eventuelle Abdichtung irgendwo darunter.

3.
Man kann einen Neubau komplett ohne Risse errichten, rissfreies Bauen ist eine Selbstverständlichkeit.

4.
Man braucht bei der Planung von größeren Bauteilen (z. B. Fassaden) keine Maßtoleranzen zu berücksichtigen, weil Rohbauten immer absolut maßgenau errichtet werden und Fassaden keinen thermisch bedingten Längenänderungen unterliegen. In ihrer Freizeit sind die meisten Rohbauer oft auch Uhrmacher.

5.
Dem Bauherrn Geld zu sparen ist clever.

6.
Mit Silikon lassen sich perfekte Abdichtungen herstellen (s. auch Pkt. 1).

7.
Die Herstellung von zweiten Entwässerungsebenen unter innenliegenden Rinnen oder in Glasdachkonstruktionen ist unnützer Luxus.

8.
Rollläden vor Festverglasungen sind eine tolle Sache, weil die Innenflächen der Rollladenpanzer nicht schmutzig werden können, man muss da nicht rankommen können. Zur Reinigung könnte man ja den Architekten kommen lassen.

9.
Plexiglasscheiben vor Brüstungsgittern lassen sich an der Gitterseite fantastisch gut sauber halten. Auch hier könnten den Architekten zu einladen.

10.
Mülltonnenansammlungen (grau, blau, gelb und braun) vor Haustüren von Reihenhäusern ist ein großer Wunsch eines jeden Häuslebauers.

11.
An Balkonen werden von den Bewohnern allgemein sehr filigrane Brüstungsgeländer bevorzugt, die aus möglichst dünnen Stäben bestehen. Am besten waagerecht angeordnet (wegen des beliebten Leitereffekts) die weder Wind- noch Sichtschutz bieten.

12.
Stahlbetonbauteile oder Stahlbetondecken im Wohnungsbau sind extrem stabil, sie biegen sich nicht durch.

13.
Putz allgemein und besonders der sehr dünne Putz auf einem WDVS ist unglaublich wasserbeständig und gleichzeitig auch total wasserdicht. An Sockeln von Gebäuden muss man nichts Besonderes machen, man kann diesen Putz ohne weiteres direkt in den Boden führen. Das sieht sehr gut aus und Bewunderer nennen es Champignonarchitektur. Vielleicht ließen sich aus diesem sensationellen Material auch U-Boote bauen? Wir werden es prüfen ...

14.
Häusliche Bäder sind auf jeden Fall mit Kalk- / Zement-Putz zu putzen, er kann nämlich atmen.

15.
1,5 cm dicker Lehmputz reguliert so richtig das Raumklima; er kann auch atmen.

16.
Bodentiefe Fenster in Bädern und WCs sind architektonisch schön, man stattet sie dann am besten noch mit Klarglas aus (Schauen Sie rein, wir duschen gerade; das Einzige was wir anhaben ist das Radio; 5. Bild unten anklicken).

17.
In Hotels – insbesondere in denen der höheren Kategorie – müssen in der Nähe von Spiegeln keine normalen Steckdosen (nicht nur die für Rasierer) für Haar-Style-Geräte (normaler Fön, Haarglätter, Lockenfön usw.) vorsehen / geplant werden, da diese Geräte üblicherweise und grundsätzlich immer mit mind. 8 m langen Kabeln ausgestattet sind oder weil davon auszugehen ist, dass Gäste ohnehin eine formschöne Kabeltrommel mit sich führen.

18.
SchiebetĂĽren in Wohnungen sind eine super-praktische Sache; kommt man voll bepackt oder mit einem Tablett an, dann gehen die TĂĽren bestimmt wie von Geisterhand gesteuert von selbst auf (in den Film-Raumschiffen ist das ja auch immer so).

Besonders zweckmäßig platziert sind sie zwischen dem Elternschlafzimmer und dem an-grenzenden Bad. Falls nachts einer der Partner den Wunsch hat, das WC aufzusuchen, kann er sich auf die geräuschlose Rollfunktion der Tür oder auf den sehr festen Schlaf des Anderen voll verlassen: Er / sie wird nichts mitbekommen. Hervorzuheben sind auch der sehr geruchsdichte und der absolute schalldichte Verschluss der Raumöffnungen mit diesen genialen Schiebetüren. --> 5 Romantik-Sterne!

19.
Sockel- oder sogenannte Wisch- bzw. Scheuerleisten sind altbackener Schnickschnack. Ohne sie geht es auch; man sieht sie schließlich in den schönen Architektenhäusern häufig auch nicht. Die Böden lassen sich ohne diese unnützen Leisten perfekt reinigen, mit kleinen Händen kommt man prima in die Ecken und die Speckränder gucken sich letztlich weg (4. Bild unten).

20.
Bei Waschtischen in Bädern hat sich ja allerhand getan! Besonders gut gelungen sind die Tröge, die auf Holzplatten aufgestellt werden. Ähnlich perfekt sind die Becken, die so aussehen, wie große Salatschüsseln. An die Fugen, Abstände und Übergänge zu den rückseitigen Wänden kommt man sehr gut ran; für Kinderhände mit Q-Tipps ist das kein Problem.

21.
Abluftventilatoren von innenliegenden Sanitärräumen (z. B. die von Limodor) sind besonders effizient, wenn man nach der Inbetriebnahme die innen angebrachten Staubschutzfolien nicht entfernt.

22.
Wenn man Sanitärobjekte (Waschtische, WC-Töpfe usw.) zu den Wandfliesen hin nicht versiegelt, kann man darauf warten, dass in den Anschlussfugen die Evolution in endlicher Zeit wieder von vorn beginnt. Irgendwann krabbeln da kleine Saurier heraus.

Besonders gut sehen auch die Schallschutzmatten an den WCs aus, wenn sie denn eingebaut wurden; man will sie einfach immer sehen, weil sie so schön sind. Dass eine Versiegelung einem WC zusätzliche Stabilität bringen würde, ist in diesem Kontext ohne Belang.

23.
Man kann ohne Ende laufende Meter an Rohrleitungen einsparen, wenn man bei Mehrfamilienhäusern Absperreinrichtungen für allgemeine Versorgungsleitungen (z. B. für Wasser oder für Heizung) in den Kellerräumen von Mietern / Erwerbern und eben nicht in allgemein zugänglichen Bereichen unterbringt. Die Leute machen überhaupt keinen Ärger, wenn man da mal rein muss; sie kommen auch gern und bereitwillig zwischendurch aus einem Urlaub zurück, um Monteuren oder sonstigen Interessenten den Zugang zu ihren Kellern zu ermöglichen. Fünf Sterne für planerische Großtat *****

24.
Einbaumöbel (Küchen, andere Schränke) schweben praktisch in Wohnungen, nein, sie bilden keine Brücken zwischen Estrich und Wänden. Trittschall wird in den Schränken eingefangen und zwischengelagert. Beim Frühjahrsputz wird er kurzerhand ausgekehrt.

25.
Ein neues Highlight der Badgestaltung ist der Entfall von Türen an Duschplätzen. Man stellt nur eine große Glasscheibe als Abtrennung auf und fertig ist die Laube. Abgesehen davon, dass es nicht mehr so kuschlig warm werden kann in der offenen „Kabine“, hat das Wasser das Bestreben, auch nach außen zu laufen. Zweckmäßige kleine Schwellen (sog. Schwappschwellen, ca. 3 bis 5 mm hoch) in den Übergängen zwischen Duschplatz und angrenzender Fläche (zur Vermeidung des ungewollten Wasseraustritts) sind entbehrlich, weil man darüber stolpern und sehr schwer stürzen könnte.

Die neuen Produkte aus Edelstahl, die es inzwischen z. B. auch von der Familie SchlĂĽter gibt, wurden bestimmt aus purer Langeweile entwickelt. Man kann sie kurzerhand ignorieren

26.
In namhaften Städten gibt es namhafte Modehäuser (mit englischen Namen, weil das so cool klingt). Darin finden regelmäßig Modeschauen statt, die attraktiven Vorführmädchen (Models) gehen dort ein und aus. Man kann sich auf gar keinen Fall denken, welche Art von Schuhwerk von diesem Personenkreis bevorzugt wird. Daher wählt man als Bodenbelag Holz, die netten Mädels hinterlassen allesamt bleibende Eindrücke (3. Foto unten, aber leider nur vom Holz).

27.
Briefkästen von Mehrfamilienhäusern

Wir leben in einer heilen Welt und die Erde ist eine Scheibe. Alle Postboten sind Beamte der Deutschen Reichspost und haben Schlüssel aller Haustüren ihres Zustellgebietes immer mit dabei. Flink huschen sie in die Treppenhäuser und füllen die Briefkästen in Windeseile mit schönen Postkarten und Brieflein auf. Ab und zu gibt es ein Käffchen und zu Weihnachten ein Präsent von den Empfängern. Man kennt sich halt.

Andere Zustelldienste (TNT, UPS, Pin, GLS, Fed-Ex, DPD, Postcon usw.) wollen aber auch die Leckerli, nur wie kommen sie an die Briefkästen, die in den Treppenhäusern untergebracht sind?

Vielleicht sollten heutzutage die Briefkästen doch besser von außen zugänglich sein?

28.
Wer Abwasserrohre durch Aufenthaltsräume verlegt, muss die Abkastungen nicht mehr schalldämmen. Besser ist es, wenn man stattdessen die Gehörgänge der Bewohner ausdämmt. Das ist billiger.

29.
Gestaltung von Mehrpersonen-WC-Anlagen

Es ist kein Geheimnis: Ein Großteil von WC-Benutzern wäscht sich hinterher eben nicht die Hände. Das Letzte, was sie berühren, ist der Türgriff – und weg sind sie.

Daher sollte der WC-Vorraum so beschaffen sein, dass sich der Korb fĂĽr die PapierhandtĂĽcher unmittelbar neben der AuĂźentĂĽr befindet. Dann hat der andere Teil der Nutzer noch die Chance, den ekeligen TĂĽrgriff mithilfe des Papierhandtuchs zu berĂĽhren. So einfach kann Hygiene sein.

30.
Man sollte in klarer Sprache über alles reden, so auch über Folgendes: Über die Reichweite und die Zielgenauigkeit männlicher Stehpinkler gibt es extrem romantische Vorstellungen. In Wirklichkeit ist es um beide Eigenschaften nicht besonders gut bestellt – regelmäßig zu beachten in Mehrpersonen-WC-Anlagen. Da bestehen einfach Schwächen. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben. Die Urinale und deren Umfeld befinden sich häufig – sehr gelinde ausgedrückt – in einem widerlichen Zustand. Früher – also vor Erfindung der Urinale – gab es Wände zum Anpeilen, davor war unten die „Goldrinne“, der Boden hatte Gefälle dorthin. Saubergemacht wurde mit einem Schrubber oder einem Wasserschlauch. Diese Bauweise war praktisch und einfach (Bilder 1 und 2 unten). Die Goldrinne ist längst passé. Heute ist alles „durchdesignt“. Der Hammer sind besonders flache Urinale – wie soll Mann da nur rankommen. Es ist schleierhaft, wer sich so etwas ausgedacht hat. In anderen Ländern kann man aber bereits eine Renaissance der alten Bauweise beobachten: unterhalb der Urinale gibt es flache Blechkonstruktionen mit Ablauf, die mit Rosten abgedeckt sind, alles aus Edelstahl. Die spült man aus, und gut ist …

31.
Jungfräulicher Mutterboden – wie soll das gehen? Jungfrau und Mutter. Hilft Glaube weiter?

In vielen Fällen werden Wohnhäuser dort errichtet, wo bereits seit sehr langer Zeit gewohnt und / oder gearbeitet wurde, manchmal schon seit Jahrhunderten. Unser Landstrich ist seit ca. 2.000 Jahren intensiv besiedelt. Also kommt es vor, dass man sein Haus nicht gerade dorthin gebaut bekommt, wo immer nur Acker oder Wald waren. Nachdem das Haus fertig ist, wird oft genau der Boden, der vorher schon dort war – man hatte ihn seitlich oder irgendwo gelagert – sich wieder auf der Oberfläche um das Haus herum befindet. Dann kann es vorkommen, dass sich darin Rückstände unserer Vergangenheit befinden. Nicht gerade der Heilige Gral, oft aber kleinere Scherben, Stein-, Mörtel- oder Betonreste. Manchmal auch etwas Metall. Man kann es nicht verhindern, es kann aber Ungemach bereiten, wenn es übermäßig viel ist.

Die Lösung ist, dass man dann den Boden oberflächlich etwas absammelt. Mehr ist nicht erforderlich, da es überwiegend ohnehin fast nur Rasen und Gehölze / Sträucher / Büsche / Blumen in den Gärtchen gibt. Niemand gräbt mehr groß um und legt Kartoffeln in den Boden oder baut Spargel an. Diese Zeiten sind vorbei.

32.
Putzlicht – sowas gibt es manchmal in Discos oder in einigen Restaurants, in denen es zu den dort üblichen Geschäftszeiten nicht wirklich hell ist. Macht man das Putzlicht an, kann man putzen, man sieht alles perfekt. Zur üblichen Geschäftszeit wäre das nichts, das schummerige Licht ist gewollt. Themensprung: Aber nicht in Wohnungsbädern, da ist Dämmerlicht nicht zu gebrauchen. Wollen Frauen sich (heraus-)putzen brauchen sie helles Licht. Die Planungen sind oft mehr als dürftig: ein Auslass an der Deckenmitte und einer über dem Spiegel. Das war’s. Liebe Planer: tut was dafür, damit Deutschland mehr schöne Frauen bekommt. In Wohnungsbäder gehört Helligkeit. Vor allem in solche, die keine Fenster haben. Auslässe gehören auch neben den Spiegel, nämlich für Schminkspiegel und / oder weitere Lampen sowie über den Duschplatz.

33.
Es ist sicherlich ein Gerücht, dass nach oben orientierte Putz- oder Anstrichflächen nur eingeschränkt gebrauchstauglich sein sollen. Untere Abschlüsse von Dachflächenfenster sehen toll aus, wenn die senkrecht zur Dachneigung sind: Staub bleibt schön darauf liegen, Kondensat gibt es im Winter unten in den Scheibenecken, welches über Staub läuft und ihn wegspülen könnte und es kommt insgesamt weniger Licht rein. Man kann das schön finden. Ähnlich ist es mit halbhohen Wänden oder massiven Brüstungen; wieso sollen da Abdeckungen oben drauf montiert werden?

34.

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Stand:
07/19