Schlitzen von Filigranplatten
An den Untersichten von Stahlbeton-Elementplattendecken (sgn. Filigranplatten) müssen gelegentlich Elektro-Stegleitungen zum Erreichen von Lampenauslässen verzogen werden. Dabei stellt sich die Frage, ob die dafür erforderlichen Schlitze statische Auswirkungen auf die Tragwirkung der Platten haben, wenn die Schlitze jeweils in Raummitte angeordnet werden. Üblicherweise beträgt die Schlitzbreite maximal 5 cm, deren Tiefe ca. 1,5 cm und die Filigrandecken wurden in F-90-Qualität mit einer unteren Betondeckung von 3 cm ausgeführt.
Filigranplatten verhalten sich nach dem Aufbringen der Ortbetonergänzung, mit dem sie über die raue Oberfläche und die Gitterträger einen Verbund eingehen, wie eine Ortbetondecke.
Da in Feldmitte der Decken positive Biegemomente einwirken, liegt die Zugzone der Betondecke unten und die Schubkräfte sind im Vergleich zu den Werten unmittelbar vor den Auflagern gering. Der Beton unterhalb der Bewehrung in Feldmitte ist daher als unbelastet zu betrachten und trägt nicht zur Standsicherheit der Decke bei. Die Bewehrung wird aufgrund der größeren Betondeckung von 3 cm nicht angeschnitten.
Statisch sind die Schlitze daher unbedenklich.
Die DIN 1045-1:2008-08 regelt die Mindestbetondeckung. Für die Expositionsklasse XC1 (Innenräume) beträgt das Nennmaß der Betondeckung (bei Stabdurchmesser von maximal 14 mm) 25 mm, das Mindestmaß im eingebauten Zustand 15 mm. Bei der werksseitigen Herstellung von Filigranplatten kann davon ausgegangen werden, dass die Bewehrungsstahleinlagen mit großer Genauigkeit eingebaut wurden. Die Betondeckung der Bewehrungsstäbe beträgt nach Anordnung der Schlitze lokal minimal 30 mm - 15 mm = 15 mm und wird damit dem Mindestmaß nach DIN 1045-1:2008-08 gerecht.
Die höhere Betondeckung von 30 mm wurde aus Brandschutzgründen gewählt und soll im Brandfall ein Erhitzen und Erweichen der Bewehrung ausreichend lang verzögern. Die 30 mm Betondeckung wurde gewählt, um auch unter ungünstigen statischen Systemen (Einfeldplatten) einen Achsabstand der Bewehrung von der Deckenunterseite von 35 mm zu erzielen (DIN 4102-4:1994-03, Tabellen 11 und 12).
Nach DIN 4102-4:1994-03 Abschnitt 3.1.6 ist eine Kompensation brandschutztechnisch unzureichender Betondeckungen mit Putz möglich. So kann Gipsputz aus Gipsmörtel bzw. Gipssandmörtel der Mörtelgruppen P IVa und P IVb nach DIN 18550-2:1985-01 mit vorherigem Spritzbewurf und ohne Putzträger 1:1 auf die Betondeckung angerechnet werden, wenn diese die Mindestanforderung für F30 erfüllt (Betondeckung min. 10 mm < 15 mm vorhanden).
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Anordnung von Schlitzen an den Unterseiten von Filigrandecken statisch-konstruktiv unbedenklich ist.
Stand:
11/11